Die Wiblinger Bachtage 2025
Die Wiblinger Bachtage 2025 haben sich unter das Motto »Wer fühlen will, muss hören« gestellt. Zum einen beleuchtet dieses umgedrehte Sprichwort natürlich die Konzerte der kommenden 14 Tage, zum anderen ist es auch ein kleiner Rückblick, denn in diesen Tagen feiern die Bachtage ihr 40jähriges Bestehen. Der Schwabe wird mit 40 bekanntlich weise. Ob das auch für ein Musikfestival gilt, werden die Konzerte erst noch einlösen müssen - auf jeden Fall wollen wir das Jubiläum mit allem gebotenen Glanz begehen und wieder ein vielfältiges Programm anbieten.
Aus der “schwarzen Pädagogik“ kennt man ja »wer nicht hören will, muss fühlen«, eine Androhung schlimmer Konsequenzen bei Ungehorsam. Dann ist „fühlen“ gleichbedeutend mit Ohrfeigen oder Schlägen - auf jeden Fall droht etwas körperlich Unangenehmes. Wenn wir die Redensart nun radikal ins Gegenteil verkehren, kommt die Musik ins Spiel: Sie hat die souveräne Kraft, Gefühle zu wecken, Erinnerungen hervorzurufen und entlegene Welten zu erschließen. So ist Hören kein passiver Akt, sondern eine tiefgreifende Erfahrung, die unser Innerstes berührt. Selbst Menschen, die sonst kaum oder kaum mehr zu erreichen sind, können auf Musik reagieren.
Eigentlich geht es beim Musizieren - außer dem rein technischen Vermögen, die richtige Taste oder den idealen Ton zu treffen - immer um Gefühle. Als Zuhörer im Konzert haben viele schon die Erfahrung gemacht, dass ein Geiger oder Klarinettist vielleicht flinke Finger hat und all die virtuosen Läufe sauber hinkriegt - trotzdem »kommt irgendwie nichts rüber«. Mit solchen Formulierungen versucht man dann zu beschreiben, dass leider kein Gefühl im Spiel war. Manche Musik beeindruckt zwar, berührt aber nicht. Wie man das macht, in anderen Glückshormone zu erzeugen, ist für MusikerInnen eine lebenslange Aufgabe, egal ob sie an der Oper arbeiten oder im Streichquartett spielen.
Natürlich ist es wunderbar, sein Leben der Herstellung von Hochgefühlen zu widmen, und man könnte denken, Musiker müssten in Oxytocin ertrinken, wo sie doch unentwegt Glück produzieren. Ganz so einfach ist es leider nicht - fragen Sie gerne einen der Künstler nach dem Konzert.
Auch die Wiblinger Bachtage wollen - seit nunmehr vierzig Jahren - Menschen mit Musik in Berührung bringen, sie erfreuen, bewegen, trösten, auch mal herausfordern und im besten Fall begeistern.